Als mich heute ein Freund fragte, ob ich ein Essay über Danielle de Santiago verfassen möchte, bin ich erst mal erschrocken. „Ich“, dachte ich, „soll etwas schreiben über einen Schriftsteller, der jünger ist als ich?“ Dann überlegte ich eine Weile, und kam zu dem Ergebnis, dass es immer jüngere und bessere Schriftsteller und Journalisten als mich geben wird, und es werden von Jahr zu Jahr immer mehr. Und so setzte ich mich an meinen Schreibtisch, und begann zu recherchieren. Dabei fiel mir dann auf, dass es ganz schön schwer ist, über Danielle Zeilen zu verfassen.
Danielle de Santiago ist nämlich eine so genannte „Stilikone“, ein Verfechter der neuen, jungen Dekadenz, Vorreiter und Trendsetter einer Generation, für die Luxus und Genuss an oberster Stelle im Leben stehen. 1980 in Bordeaux geboren, lebt er seit einigen Jahren in Deutschland seinen unvergleichlichen Stil zwischen Boheme und Glamour. Er pendelt zwischen der Hauptstadt und dem Rheinland, nimmt sozusagen die Vorzüge beider Regionen mit und in sein Leben, Großstadttrubel und den Duft der weiten Welt ebenso wie das einfache Leben. Darauf basiert seine Kunst, das ist seine Muse. Danielle, für den Schreiben Leben bedeutet, verfasst Essays, Kolumnen und Erotika, machte einige Jahre Theater, philosophiert und trägt seine Gedanken in die Welt. Sein Stil, sein Auftreten, ist dabei Mittel zum Zweck: Er lebt! Und wenn er dabei ein wenig overdressed wirkt, weil er zu einfachen, alten Jeans eine vierhundert Euro teure Sonnenbrille und schwarz-goldene Turnschuhe für fünfhundert Euro trägt, dann ist das einfach so. Und das ist gut so.
Vergleiche mit anderen Stilikonen wie David Beckham, den Hiltonkindern oder Justin Timberlake hört er dagegen nicht gerne. Er macht sein eigenes Ding und besteht aus mehr als nur aus einem gut gefülltem Kleiderschrank und einem Backstagepass. Der symphatische Mittzwanziger ist ein guter Beweis dafür, daß in einer schönen Hülle auch ein kluger Geist leben kann, denn wer seine Arbeiten liest, merkt schnell, daß es durchaus möglich, ist einen scharfen Anzug von Dolce&Gabanna zu tragen oder am Strand von Saint Tropez zu feiern, und trotzdem alles von Kant, G. Stein und Camus gelesen zu haben.
Aber auch das einfache Leben und die damit verbundenen Kleinigkeiten sind ihm wichtig. De Santiago ist keine weltfremde Kunstfigur. Laut eigener Aussage schwärmt er sehr für selbst gekochtes Essen, mag DVD-Abende, Kuscheln auf dem Sofa bei Kerzenlicht, all das sind Dinge, die Danielle schwach werden lassen. Wenn SIE dann noch smart und mindestens genauso genusssüchtig ist, dann verwandelt sich Danielle vermutlich in das Raubtier, das man beim Lesen seiner Geschichten zwischen den Zeilen findet: In einen großen schwarzen Panther. Eine verspielte und dennoch fraglos wilde Großkatze. Aber wer weiß, ob Danielle nur spielt, oder auf der Jagd ist?
Immerhin, sein Leben bestand schon immer aus Extremen. Welchem 16-jährigen gelingt es, sich mit einer erotischen Novelle für den Grey-Award zu nominieren und gleichzeitig damit einen Skandal und eine Welle der Empörung zu verursachen? Vermutlich ebenso wenigen wie es 25-jährigen gelingt, Mitherausgeber einer arrivierten und bekannten Anthologie eines deutschen Szeneverlags zu werden. Danielle hat all dieses erreicht, und ist trotzdem ein ganz normaler junger Mann geblieben, der ganz normale Hobbies hat: Partys feiern, Freunde treffen, Kino. Dass er statt Wodka-Redbull auf Eis, wie ihn die meisten seiner Altersgenossen trinken, Roederer Crystal bevorzugt und öfter zu Premieren und Galas, als in die Disco geht, wird man ihm verzeihen, wenn man den ersten Blick in seine blitzenden grünen Augen geworfen und sich für einen winzigen Moment darin verloren hat. Dieser Zauber, bekannt als das berühmte gewisse Etwas, ist es, was Danielle de Santiago so faszinierend erscheinen lässt und zu dem macht, was er ist: Einzigartig.
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